Zyklische Zeit und die Ambivalenz der Moderne

Ein tieferer Blick aus südamerikanischer Perspektive

Während die westliche Welt Zeit als eine lineare Abfolge von Ereignissen betrachtet, die unaufhaltsam in eine Richtung fließt, boten die indigenen Zivilisationen des amerikanischen  Doppelkontinents eine faszinierende Alternative: die zyklische Zeitvorstellung. Tief verwurzelt in ihren kosmogonischen Vorstellungen und Weltanschauungen, sah diese Perspektive Zeit als einen Kreislauf, der eng mit den natürlichen Rhythmen des Universums verbunden war. Monumentale Bauwerke wie die Pyramiden der Maya, die Tempel der Azteken und die Stätten der Inka zeugen von dieser tiefen Verbundenheit mit der zyklischen Natur des Daseins.

Im Gegensatz zur westlichen Moderne

Im Gegensatz zur westlichen Vorstellung von Fortschritt und Entwicklung, die auf unaufhörliches Wachstum und Innovationen setzt, stand diese zyklische Zeitvorstellung für Harmonie, Balance und Wiederkehr. Die natürliche Welt, mit ihren Jahreszeiten, Mondphasen und kosmischen Zyklen, bot den Rahmen für das Leben und Handeln der Menschen. Diese enge Verbundenheit mit der Natur und das Universum prägte nicht nur ihre Rituale und Zeremonien, sondern auch ihre sozialen Strukturen, Landwirtschaftlichen und politischen Systeme.

Die Ambivalenz der westlichen Moderne

Die Ankunft der Europäer und die Etablierung einer eurozentrischen und monarchischen Herrschaftsform brachten eine tiefgreifende Veränderung dieser Weltanschauung mit sich. Die lineare Zeitvorstellung des Westens, mit ihrem Fokus auf Fortschritt und Expansion, stand im krassen Gegensatz zur zyklischen Zeit der indigenen Zivilisationen. Die Folgen dieser Konfrontation waren verheerend: Unterdrückung, Ausbeutung und die Zerstörung der vor Ort vorhandenen Lebensweise.

Doch die Ambivalenz der westlichen Moderne zeigt sich auch in der Sehnsucht nach einer "anderen"  Moderne. In dieser Sehnsucht nach einer Zeit, die durch Gemeinschaft, Nachhaltigkeit und spirituelles Bewusstsein geprägt war, spiegelt sich die Kritik an den negativen Auswirkungen der westlichen Vorstellungen der Moderne wider.

 "Grupo Modernidad/Colonialidad" und die Kritik an der Eurozentrik

Die "Gruppe Modernidad/Colonialidad", ein Zusammenschluss von südamerikanischen Intellektuellen, kritisiert vehement die eurozentrische Sichtweise auf Moderne und Kolonialität. Sie argumentieren, dass die westliche Moderne nicht als universelles Projekt, sondern als ein Prozess der Kolonialisierung und Ausbeutung zu verstehen ist.

Enrique Dussels Konzept der "Verschleierung des Anderen" illustriert diesen Prozess auf eindrucksvolle Weise. Er zeigt, wie die westliche Moderne die indigenen Zivilisationen Amerikas unsichtbar gemacht und ihre eigenen Werte und Denkweisen als universell dargestellt hat. Diese unsichtbarmachung trug zur Marginalisierung und Unterdrückung der indigenen Zivilisationen bei und wirkt bis heute fort.

Der Workshop: Ein Fenster in eine andere Welt

Der Workshop bietet eine einzigartige Gelegenheit, die eurozentrische Sichtweise zu hinterfragen und die Welt aus einer  Perspektive des amerikanischen  Doppelkontinents zu betrachten. Durch erzählte Geschichten, lebendige Diskussionen und interaktive Übungen werden die Teilnehmer*innen dazu angeregt, die verborgenen Strukturen der Moderne und Kolonialität zu erkennen und ihre eigenen Erfahrungen in diesen Kontext einzuordnen.

Zeit für einen Perspektivwechsel

Es ist an der Zeit, unsere eigene Zeitvorstellung zu hinterfragen und verschiedene Perspektiven anzuerkennen. Des amerikanischen  Doppelkontinents  Perspektive auf Zeit, Moderne und Kolonialität bietet wertvolle Einblicke in die komplexe Geschichte unseres Planeten und kann uns helfen, eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft zu gestalten. Lasst uns  gemeinsam neue Wege des Denkens erkunden.

Fernando Andia

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